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Anwendungen − B-Feld

 

 

Einleitung

 

Es soll in diesem Kapitel um Anwendungen gehen, die die Eigenschaften

von Magnetfeldern bzw. die Lorentzkraft ausnutzen, um uns technischen

Fortschritt zu bescheren.

Es ist daher vernünftig noch einmal kurz auf die Lorentzkraft zurückzu-

blicken, die wir ja am Beispiel der Leiterschaukel kennengelernt haben.

Hierzu noch einmal zwei Abbildungen mit dem realen Experiment und

dem Schema zur Erklärung der auftretenden Kräfte.

 

 

Quelle: youtube

 

 

 

Zur Erinnerung:

Befindet sich ein stromdurchflossener Leiter senkrecht in einem Ma-

gnetfeld, erfährt der Leiter eine Lorentzkraft, die senkrecht zur Strom-

richtung und Magnetfeldlinienrichtung steht. Es gilt die Drei-Finger-

Regel.

Hinweis: In dem obigen Beispiel befindet sich der Leiter an einer Aufhängung, so dass

weitere Kräfte auftreten (s. ÜA Nr. 3).

 

Hier noch einmal eine Zusammenfassung aus dem Kapitel zur

Lorentzkraft.

 

 

Lorentzkraft

Ein stromdurchflossener Leiter erfährt in einem Magnet-

feld, welches senkrecht zum Leiter verläuft, eine Kraft,

die senkrecht zur Strom- und Magnetfeldlinienrichtung

zeigt. Diese Kraft nennt man Lorentzkraft.

 

Drei-Finger-Regel der rechten Hand

Weist der Daumen in die technische Stromrichtung und

der Zeigefinger in die Richtung der Magnetfeldlinien, so

gibt der Mittelfinger die Kraftrichtung an.

 

alle drei Finger müssen einen 90° Winkel bilden

 

 

 

1. Gleichstrommotor

Prinzip

 

Wir sehen uns nun folgenden einfachen Aufbau an, der das Prinzip

des Gleichstrommotors zeigt.

 

 

In einem äußeren Magnetfeld befindet sich eine eckige Leiterschleife,

die von einem Strom durchflossen wird (die Abb. zeigt die technische Strom-richtung).

Man sieht, dass es Leiterteile gibt (rechts und links), in denen die Strom-richtung senkrecht zur Magnetfeldlinienrichtung zeigt. Es tritt also eine

Lorentzkraft auf. Mit Hilfe der Drei-Finger-Regel erkennt man, dass links

die Lorentzkraft nach unten und rechts nach oben zeigt.

Vorne und hinten tritt keine Lorentzkraft auf, da Strom- und Feld-

richtung parallel stehen. Da die Leiterschleife auf einer Achse (nicht in der

Abbildung sichtbar) drehbar angebracht ist, wird sich nun die Leiterschleife

entgegen dem Uhrzeigersinn drehen. Wir haben also folgende Ver-

hältnisse:

 

 

 

 

 

Querschnitt des Aufbaus

 

Totpunkt

Schauen wir uns das Ganze jetzt einmal nach einer Drehung von 90°

an.

 

 

 

 

Das zunächst rechte Leiterteil ist jetzt oben und das linke Leiterteil

unten zu finden. Die Richtungsverhältnisse haben sich nicht geändert.

Also zeigen die Kraftpfeile immer noch in die gleiche Richtung.

Zusätzlich treten jetzt auch Kräfte auf den vorderen und hinteren

Leiterteil auf, da jetzt auch hier die Richtungen senkrecht zueinander

stehen. Alle Kraftrichtungen führen aber zu keiner weiteren Drehung

der Leiterschleife. Man spricht vom sogenannten Totpunkt. Die Leiter-schleife wird in diesem Punkt nur auseinandergezogen. Würde man mit der Stromzufuhr bei dieser Stellung der Leiterschleife beginnen, würde sich die Leiterschleife nicht in Bewegung setzen.

Nun könnte man denken, dass die Leiterschleife in unserem Fall ja

schon in Bewegung war und aufgrund der Trägheit sich einfach über

diesen Punkt hinaus weiterdreht. Das Problem ist nur, dass die

Kraftrichtung ja bleibt und die Kräfte jetzt so zeigen, dass die Schleife

in die andere Richtung sich bewegt. Irgendwann wird die Schleife

also im Totpunkt stehenbleiben.

 

Polwender

Der Trick für eine dauerhafte Bewegung liegt darin, dass man die

Stromrichtung im Totpunkt ändert. Mit der Drei-Finger-Regel erkennt

man dann sofort, dass sich damit die Kraftrichtung ändert und somit

für eine weitere Drehung passt.

Wie sieht nun so ein Polwender aus? Er besteht aus zwei metallischen

Halbzylindern, die mit den Enden der Leiterschleife verbunden sind.

Auf diesen Halbzylindern schleifen zwei Stromzuführungen, die soge-

nannten Bürsten. Diese sind fest mit einem Pol der Gleichstromquelle

verbunden. Die folgende Animation zeigt die Verhältnisse sehr an-schaulich.

 

Quelle: walter fendt

 

Um es noch einmal klarer darzustellen, habe ich einen Ausschnitt aus

der Animation gewählt und so platziert und farbig geändert, dass er mit

der obigen Skizze im Einklang ist.

 

 

 

 

Die Kohlebürsten K1 und K2 sind

fest montiert und immer mit dem

Minus- bzw. Pluspol verbunden.

Die Halbzylinder D1 und D2 drehen

sich mit der Leiterschleife und bilden jeweils die Leiterenden.

Nach einer Drehung von 90° (bezo-

gen auf die Abb.) findet der Polwech-

sel statt. D1 ist dann im Weiteren

für 180°mit dem Pluspol und D2

mit dem Minuspol verbunden, so

dass links die Stromrichtung immer

nach vorne zeigt und rechts nach

hinten weist. Damit bleibt die Kraft-

richtung erhalten.

 

Noch ein Hinweis zur üblichen Benennung:

Die rotierenden Teile eines Elektromotors werden Rotor oder Anker und

die feststehenden Teile Stator genannt.

Für den Polwender benutzt man auch die Bezeichnung "Kommutator".

 

Verbesserungen

 

1. Spule auf Eisenkern

Bei einer Leiterschleife hat man natürlich nur sehr kleine Drehkräfte.

Man benutzt daher als erste Verbesserung mehrere Leiterschleifen, am

besten zu einer Spule gewickelt, so dass ein Vielfaches an Kräften auf-

tritt. Diese Leiterschleife wird noch auf einen Eisenkern gesetzt. Hier-

mit erhält man ein zusätzliches magnetisches Feld, welches die Drehung

unterstützt. Der Eisenkern hat häufig eine T-Form, so dass man vom

2−T−Anker oder Doppel−T−Anker spricht.

Hinweis: Häufig wird die Drehung der Leiterschleife auch mit Hilfe der auftretenden Magnetfelder

erklärt. Es wirken das Magnetfeld der Leiterschleife bzw. Spule und das Magnetfeld des Stators

aufeinander ein.

 

Die folgenden Abbildungen zeigen den üblichen Aufbau:

 

 

Quelle. wikipedia

 

 

Quelle: geogebra

 

 

Die Animation macht den Drehvorgang deutlich.

 

Quelle: wikipedia

 

In folgendem Video kann man sich auch noch einmal schön den Dreh-

vorgang und die Aufgabe des Polwenders ansehen.

 

Quelle: Videoliste 1 Ausschnitt

 

2. Mehrere versetzte Spulen

Die erste Verbesserung hat immer noch den Nachteil, dass der Motor

im Totpunkt nicht anspringen würde. Er muss also angeworfen werden.

Benutzt man nun drei oder mehr Spulen, so liegen immer mehrere

Spulen so, dass ein Anlaufen möglich ist.

Folgende Abbildungen zeigen Beispiele vom 3−T−Anker:

 

 

Quelle. wikipedia

 

Quelle: geogebra

 

Man erkennt, dass der Polwender oder Kommutator jetzt entsprechend

viele Unterteilungen haben muss, damit jede Spule im richtigen Moment

mit Strom versorgt wird.

Der Lauf des Motors wird umso gleichmäßiger je mehr Spulen vorhan-

den sind. Auch wird dann die Kraft auf das Drehlager besser verteilt.

In der Technik haben sich Trommelanker mit sehr vielen Wicklungen

durchgesetzt.

 

Versuche mit einfachsten Elektromotoren

 

Im Internet gibt es vielfach Beispiele zur Herstellung von einfachsten

Elektromotoren, die man auch ohne Probleme in einer Physik-AG an-

fertigen kann, um sie z.B. in einer Physik-Show vorzuführen.

Alle Versuche lassen sich mit Lorentzkräften oder der Einwirkungen von

Magnetfelder erklären. In folgender Videoliste findet man eine Auswahl

der zahlreichen YouTube-Videos zu diesem Thema.

Link zur Videoliste

 

Im Folgenden werden Ausschnitte aus den Videos gezeigt mit den

häufigsten Versuchen.

 

 

Quelle: Videoliste Nr.1 Ausschnitt

einfachster Elektromotor

 

 

Quelle: Videoliste Nr.4 Ausschnitt

einfache Drehspule

 

Quelle: Videoliste Nr.5 Ausschnitt

einfachstes magnetisches Auto

Quelle: Videoliste Nr.10 Ausschnitt

einfachste magnetische Eisenbahn

 

Erklärung:

 

1. Einfachster Elektromotor der Welt

 

Ich beziehe mich bei meiner Erklärung der Drehung auf Erläuterungen

von Herrn Prof. Dr. Hans Schlichting, die mir für die Schule am sinn-

vollsten erschienen, obwohl sie immer wieder kritisiert werden (s.Link).

Folgende Abbildung erklärt die Verhältnisse:

 

Quelle: wikipedia

 

Der Supermagnet erzeugt ein starkes Magnetfeld B, in welchem sich

der starke Stromfluss I des Kabels befindet. Es treten dadurch Lorentz-

kräfte F auf, deren Richtung sich aus der Drei-Finger-Regel ergeben.

In unserem Fall zeigen die Kräfte auf den Stromleiter in die Papierebene

hinein. Das Kabel wird aber durch die Hand festgehalten und kann der

Kraft nicht nachgehen. Gleichzeitig gilt das 3. Newtonsche Axiom.

Auf die Kraft F (actio) auf den Stromleiter gibt es eine entgegengesetzt

gerichtete Kraft reactio, die für die Drehung des Magneten sorgt.

 

2. Einfache Drehspule

 

Es handelt sich um eine stromdurchflossene Spule, die sich in einem

Magnetfeld befindet, also eigentlich die Verhältnisse wie beim einfachen

Gleichstrommotor. Man kann also die Erklärungen von dort übernehmen.

Warum wird ein Ende nur einseitig abgeschliffen? Dies hat mit den Er-

läuterungen beim Totpunkt zu tun. Da kein Polwender vorliegt, würde

sich die Spule eigentlich auf einer Seite entgegengesetzt zur bisherigen Drehrichtung bewegen. Damit dies nicht passiert, findet zu diesem Zeit-

punkt, also jede halbe Drehung, keine Stromzufuhr statt. Die entgegen-

wirkenden Lorenzkräfte können dadurch nicht auftreten. Die Spule muss

sich dann aber durch den eigenen Schwung über diese Phase hinaus-

drehen, um wieder in den Bereich „richtig“ angreifender Lorentzkräfte zu

kommen.

 

3. Magnetisches Auto

Über die Magnete und die Alufolie wird ein geschlossener Stromkreis er-

reicht. Die Magnete erzeugen ein starkes Magnetfeld. Es treten wieder

Lorentzkräfte auf. Die Verhältnisse zeigt folgende Abbildung

.

Quelle: Videoliste Nr.5  Abbildung mit eigenen Ergänzungen

rot=Nordpol, grün=Südpol

 

Mit der Drei-Finger-Regel erkennt man, dass im unteren Bereich Lorentz-

kräfte auftreten, die nach vorne zeigen. Sollte auch noch ein geringer

Stromfluss im oberen Bereich vorliegen, zeigen diese Kräfte nach hinten.

Aufgrund der Reibung auf der Alu-Folie führt dies zu einer Drehbewe-

gung, die dafür sorgt, dass sich das magnetische Auto auf der Folie nach

hinten bewegt.

 

4. Magnetische Eisenbahn

 

Ich bediene mich in der folgenden Darstellung der Abbildung von gerade,

da der Aufbau vom „Fahrzeug“ genauso ist. Das Fahrzeug befindet sich

jetzt nur in einer Spule aus blankem Kupferdraht. Die Alu-Folie (Hinweis: noch in der Abb. eingetragen) wird jetzt durch den Draht ersetzt, durch den der

Strom nun fließt.

 

 

Oben fließt der Strom nach vorne, unten nach hinten. Nach der Rechte-

Faust-Regel ergibt sich dadurch ein Spulen-Magnetfeld, dass rechts

einen Nordpol und links einen Südpol aufweist. Aufgrund der Anziehung

ungleichnamiger Magnetpole und der Abstoßung gleichnamiger Pole

tritt eine Bewegung nach rechts auf. Da sich der stromdurchflossene

Spulenteil mit dem „Zug“ mitbewegt, bleibt diese Konstellation die ganze

Zeit erhalten und der Zug kann sich dauerhaft durch die Spule bewegen.

 

Zusatzmaterial

 

Wer einmal eine sehr schöne Animation zur Verwendung mehrerer

Spulen ansehen möchte, sollte folgende GeoGebra-Animation besuchen.

In der Videoliste zum Thema Gleichstrommotor sind verschiedene

Videos zum Thema aufgelistet.

 

2. Drehspulinstrument

 

Drehspulinstrumente werden zur Messung von Stromstärken (Ampere-

meter) und Spannungen (Voltmeter) benutzt. Der Aufbau ähnelt sehr

einem Gleichstrommotor.

Hierzu kann man sich einmal die folgende Abbildung ansehen:

 

Quelle: wikipedia

 

Man findet praktisch alle Teile des Gleichstrommotors wieder:

den äußeren Dauermagneten (Stator) und den drehbaren Elektro-magneten als Rotor.

Zusätzlich sind an der drehbaren Achse zwei Spiralfedern angebracht,

die bei einer Drehung gespannt werden und den Drehkräften einen

Widerstand entgegensetzen, so dass der Rotor nur einen ganz be-

stimmten Drehwinkel einnimmt. Dieser Winkel kann über einen Zeiger

und eine Skala abgelesen werden. Das Gleichgewicht der beiden Kräfte

hängt von der fließenden Stromstärke ab, da die Lorentzkraft propor-

tional zur Stromstärke ist.

Man kann also am Drehwinkel die fließende Stromstärke ablesen.

 

3. Dynamischer Lautsprecher

Auch beim dynamischen Lautsprecher wird die Lorentzkraft angewendet.

Im Folgenden sieht man den Aufbau eines solchen Lautsprechers im

Querschnitt.

 

Quelle: wikipedia

 

Der wichtigste Bestandteil ist die Tauchspule (Schwingspule), die als

Zylinderspule den zylindrischen Magnetpol eines Dauermagneten um-

gibt. Diese Spule wird vom „Sprechstrom“ durchflossen. Je nach Stärke

des Stromes taucht die Spule aufgrund der Lorentzkräfte unterschiedlich

tief in die Polplatten ein. Im Rhythmus des „Sprechstroms“ treten dabei

unterschiedlich starke Kräfte auf. Die Tauchspule schwingt also im

Rhythmus des zugeführten „Sprechstromes“. Diese Schwingungen

werden auf die Membran übertragen und dann in Luftdruckschwank-

ungen umgesetzt, die dann als Töne zu hören sind.

 

In folgendem Video wird ein solcher Lautsprecher auseinandergebaut.

Anhand der Einzelteile wird dann der Aufbau erläutert.

 

Quelle: Ausschnitt Video YouTube

 

4. Röhrenfernseher

 

Ein alter Röhrenfernseher ist im Prinzip wie ein Oszilloskop aufgebaut.

Zur Erinnerung sieht man in der folgenden Abbildung noch einmal sche-

matisch den Aufbau eines Oszilloskops.

 

Quelle: wikipedia leicht geändert mit deutscher Beschriftung

 

Außer dem Ablenkungssystem stimmen die Fernsehröhren im Aufbau in

allen anderen wichtigen Bestandteilen (Braunsche Röhre, Anoden,

Aquadag, Bildschirm, Vakuum) mit dem Oszilloskop überein. Um eine

Bildröhre kürzer zu halten, werden Fokussierung und Ablenkung magne-

tisch über Spulensystem vorgenommen.

Die folgende Abbildung zeigt die jeweiligen Spulen für die Fokussierung

(3) und Ablenkung (4). Die Elektronen erfahren jeweils Lorentzkräfte, die

für eine Bündelung oder Ablenkung in der Horizontalen und Vertikalen

sorgen. Die Ablenkung erfolgt durch Spulensysteme, die senkrecht zu-

einanderstehen.

 

Quelle: wikipedia

 

Die Röhre hier einmal schematisch im Querschnitt.

 

 

Quelle: wikipedia

 

Die Bündelungsspulen umgeben den Röhrenhals zylinderförmig. Die

Ablenkspulen sind paarweise oberhalb/unterhalb und vorne/hinten

„trichterförmig“ angeordnet. Die im Schema gezeigten Ablenkspulen

sorgen für die Ablenkung in der Horizontalen (s. Drei-Finger-Regel).

 

Ein paar Abbildungen zum realen Ablenksystem.

 

 

Quelle: wikipedia

 

Horizontales Ablenksystem

 

Quelle: wikipedia

 

Ablenksystem auf dem Röhrenhals

 

Das nächste Video gibt einen Einblick in die Geschichte der Röhren-technik und erklärt sehr anschaulich das Ablenksystem.

 

Quelle: Videoliste 1 (Ausschnitt)

 

Zum Abschluss noch eine Videoliste zum Thema.

 

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