zum Abschnitt:

 

Magnetfelder durch Stromfluss

 

Einführung

 

Neben den schon aus der Mittelstufe bekannten Dauermagneten

(Stab- und Hufeisenmagnet) gibt es natürlich auch Magnetismus, der

durch einen fließenden Strom hervorgerufen wird. In der Mittelstufe

kennt man hier die Elektromagnete. Im Folgenden soll das Magnet-

feld verschiedener stromdurchflossener Strukturen (langer Leiter,

Kreisring, Spule) genauer betrachtet werden.

Wir sehen uns zunächst den Feldlinienverlauf der Felder an. Danach

werden noch Formeln zur Bestimmung der magnetischen Feldstärke

hergeleitet.

 

Magnetfeld langer Leiter

 

Verlauf der Feldlinien

 

Der einfachste Versuch besteht darin, Eisenfeilspäne für den groben

Verlauf des Magnetfeldes zu benutzen. Will man auch über die

Feldlinienrichtung eine Auskunft bekommen, muss man Magnetnadeln

in die Nähe des langen Leiters halten.

 

Hierzu folgende Videos:

 

 

Quelle: Videoliste 3 Ausschnitt

Magnetfeld mit Eisenfeilspäne

 

Quelle: Videoliste 4 Ausschnitt

Magnetfeld mit Magnetnadeln

technische Stromrichtung

 

Quelle: Videoliste 5 Ausschnitt

Benno Köhler: Eisenfeilspäne, Magnetnadel, Linke-Hand-Regel!

 

Hinweis: Wer den Oersted-Versuch sehen will, sollte in der Videoliste 4.2. ansehen.

 

Es zeigt sich, dass das Magnetfeld konzentrische Kreise um den

stromdurchflossenen, langen Leiter bildet. Die Feldlinienrichtung kann

mit der Rechte-Faust-Regel gewonnen werden. Es ist anzunehmen,

dass die Stärke des Magnetfeldes vom Abstand zum Stromleiter ab-

hängt. Die genauere Berechnungsformel folgt unten.

 

Wir halten also fest:

 

 

Magnetfeld langer Leiter

 

Quelle: wikipedia

 

Die Feldlinien bilden konzentrische Ringe

um die Achse des langen Leiters.

Es gilt die Rechte-Faust-Regel:

Zeigt der Daumen in die technische

Stromrichtung bilden die Finger die

Feldlinienrichtung.

 

 

Formel für die Feldstärke

 

Versuchsablauf:

Zum Versuchsaufbau benötigt man einen langen, dicken Leiter oder

mehrere zu einem Bündel zusammengefasste Leiter. Die Messungen

finden mit einer Hallsonde oder mit der App „phyphox“ statt. Das Netz-

gerät muss möglicherweise (s.u.) hohe Stromstärken liefern können.

 

Schema eines Versuchsaufbaus mit Hallsonde:

 

Wenn man den Versuchsaufbau mit „phyphox“ kennenlernen möchte,

sollte man folgenden Videoausschnitt ansehen.

Hinweis: Leider wird hier nur die Abhängigkeit von der Stromstärke gezeigt. Im vollständigen Video wird auch noch auf die Feldrichtung eingegangen. Mit „phyphox“ sind die Messungen relativ einfach und bei geringen Stromstärken durchzuführen.

 

Quelle: Ausschnitt aus Videoliste Nr.1

 

Hinweis: alles Wichtige zur „phyphox“-Messung unter folgendem Link

 

 

1. Messung:

Die Hallsonde befindet sich in einem festen Abstand vom Leiter. Die

Stromstärke wird verändert und B gemessen.

2. Messung:

Die Stromstärke bleibt konstant und der Abstand wird geändert.

B wird wieder gemessen.

 

Versuchsergebnisse:

 

Bei den Messungen stellten sich folgende Ergebnisse ein.

 

1. Messreihe: B in Abhängigkeit von der Stromstärke I

                             ( r = 2 cm = Abstand von der Mittelachse)

 

B in mT

0,19

0,41

0,58

0,79

1,01

I in A

20

40

60

80

100

 

2. Messreihe: B in Abhängigkeit von r  ( I = 100 A)

 

B in mT

2

1,35

0,99

0,67

0,51

0,40

0,34

0,25

0,20

r in cm

1

1,5

2

3

4

5

6

8

10

1/r in 1/cm

1

0,67

0,5

0,33

0,25

0,20

0,17

0,125

0,10

 

Auswertung (Diagramme):

 

Die Auswertung erfolgt mit Excel und ergibt:

 

 

 

 

Auswertung (Gleichungen, Formeln):

 

Es ergeben sich folgende Zusammenhänge:

 

 

Da die Formel häufig (s. Rene Matzdorf - Video 12) aus dem Ampereschen

Gesetz (Maxwell-Gleichungen) hergeleitet wird, stellt man die

Gleichung noch zu der üblichen Formel mit der magnetischen

Feldkonstanten µ0 um.

 

Es gilt dann:

 

 

Wir erhalten also schließlich:

 

 

Formel: Magnetfeld gerader Leiter

 

Für das Magnetfeld eines geraden Leiters gilt:

 

 

Beispielaufgabe

 

a.) Durch einen geraden Leiter fließt ein Strom der Stärke

16 A. Wie groß ist die magnetische Feldstärke in einem Abstand von 5 cm?

b.) In einem Abstand von 12 cm vom ersten Leiter befindet

sich jetzt ein zweiter Leiter mit einer Stromstärke von 10 A.

Der Strom fließt in die gleiche Richtung.

Welche Feldstärke liegt genau in der Mitte der parallelen

Leiter vor? In welcher Entfernung zu den Leitern liegt 0 T vor?

 

Lösung:

zu a.)

Man benutzt einfach die Formel zur Berechnung.

 

 

zu b.) 1. Teil

Die Magnetfelder der Leiter sind so angeordnet, dass sie

sich zwischen den Leitern abschwächen (s. Abb.)

 

 

Man muss also die Differenz der Beträge bilden.

 

 

zu b.) 2. Teil

Wir setzen wieder mit der Differenz an und stellen dann

nach r (Abstand vom ersten Leiter mit 16 A) um.

 

 

 

Magnetfeld: Kreisring oder Leiterschleife

 

Verlauf der Feldlinien

 

In diesem Fall wird der gerade Leiter einfach zu einem Kreisring ge-bogen. Das Gesamtmagnetfeld entsteht also aus der Überlagerung

des Magnetfeldes gerader Leiter. Es stehen sich praktisch im Ring

immer zwei gerade Leiterteile gegenüber, durch die der Strom in ent-

gegengesetzter Richtung fließt. In diesem Fall verstärken sich die

Magnetfelder. Das Magnetfeld im Ring ist also verstärkt. Außerhalb

wird das Feld abgeschwächt, da dort die Magnetfelder gegeneinan-der gerichtet sind (s. Abb.).

 

Die folgenden Abbildungen zeigen das Magnetfeld (Eisenfeilspäne,

Magnetnadeln).

 

 

Schematisch sähe das Feld dann so aus:

Quelle: wikipedia

 

Formel für die Feldstärke

 

Da das Magnetfeld einer Leiterschleife im Physik-Unterricht der

Oberstufe keine Rolle spielt, gibt es hierzu keine Messreihen, die man auswerten könnte. In der einschlägigen Literatur (hier insbesondere „Tipler“) werden theoretische Herleitungen aus dem Biot-Savartschen-Gesetz gemacht. Diese findet man auch bei wikipedia.

Ich gebe hier nur das Ergebnis für eine große Entfernung von der

Leiterschleife (z>>r) auf der Symmetrieachse an. Dann ergibt sich

 

 

Magnetfeld einer Leiterschleife

 

Für das Magnetfeld einer Leiterschleife

(Kreisring) gilt auf der Symmetrieachse

in großer Entfernung von dem Ring

 

Magnetfeld einer langen Spule

 

Aufbau einer Spule

Bei einer Spule werden mehrere Leiterschleifen nacheinander auf-

gebaut. Ein leitender Draht wird also spiralförmig auf einem „Zylinder“

aufgewickelt. Das sieht also in etwa wie folgt aus:

Hinweis: Es muss nicht immer genau eine kreisförmige Querschnittsfläche vorliegen. Häufig

sind die Querschnittsflächen eher quadratisch oder rechteckig.

 

Alle Lehrmittelfirmen bieten Spulen mit vielen verschiedenen Win-

dungszahlen an. Dies kann man gut für die Messungen (s.u.) aus-

nutzen, da praktisch jede Schule in der Physiksammlung ein großes

Sortiment solcher Spulen vorweist.

 

Verlauf der Feldlinien

 

Das Magnetfeld lässt sich aufgrund des Aufbaus also als Überlager-

ung des Magnetfeldes vieler Leiterschleifen verstehen. Dies bedeutet sofort, dass das Magnetfeld im Inneren der Spule aufgrund dieser ver-

stärkenden Überlagerung sehr groß und recht homogen sein sollte.

Da wiederum das Magnetfeld einer Leiterschleife mit dem Magnetfeld

gerader Leiter zusammenhängt (s. Magnetfeld Leiterschleife), lässt

sich das Magnetfeld einer Spule letztendlich auf das Magnetfeld eines

langen Leiters zurückführen.

 

Folgende Simulationen zeigen dies noch einmal:

 

 

     Magnetfeld einer Spule als Über-

     lagerung vieler Leiterschleifen

Quelle: Ausschnitt aus Liste Nr. 7

 

Magnetfeld einer Spule aus dem

Magnetfeld eines langen Leiters

Quelle: Liste Video 6

 

Wir haben dann insgesamt folgendes Aussehen:

 

 

Für die Richtung des Magnetfeldes im Inneren der Spule gilt übrigens

die Rechte-Faust-Regel.

 

 

Rechte-Faust-Regel

 

Für das Magnetfeld innerhalb der Spule gilt

die Rechte-Faust-Regel. Wenn die Finger der

rechten Faust in die Richtung der technischen

Stromrichtung der Leiterschleifen zeigen, gibt

der Daumen die Richtung der Feldlinien

im Inneren der Spule an.

Quelle für die Abbildung: wikipedia

 

Hinweis: Es ist manchmal nicht einfach die technische Stromrichtung herauszufinden. Bitte

genau auf die Wicklungsrichtung achten!

 

Vergleich: Spule − Stabmagnet

 

Wenn man einmal die Magnetfelder von Spule und Stabmagnet ver-

gleicht, sieht man, dass diese sehr ähnlich aussehen.

 

Quelle: Spule-wikipedia; Stabmagnet-wikipedia

 

Der Vergleich führt natürlich sofort dazu, dass man annehmen kann,

dass das Magnetfeld des Stabmagneten sich innerhalb des Stab-

magneten fortsetzt, so dass man auch ein Feld innerhalb des Stab-

magneten hat, welches dem der Spule ähnelt.

Das sähe dann so aus:

 

 

Dies würde bedeuten, dass wir auch hier geschlossene Feldlinien vor-

liegen haben. Alle bisherigen Magnetfelder durch Stromfluss sind

ebenfalls geschlossen. Sie stammen ja alle vom Magnetfeld des geraden Leiters ab.

 

Dies ist der grundlegende Unterschied zwischen dem elektrischen

und magnetischem Feld. Im elektrischen Feld gibt es Quellen (Start-

punkte) des Feldes, nämlich die positiven Ladungen, und Senken

(Zielpunkte), nämlich die negativen Ladungen. Im elektrischen Feld

starten die Feldlinien immer bei positiven Ladungen und enden auf

negativen Ladungen. So etwas wird Quellenfeld genannt.

Im Magnetfeld gibt es nur geschlossene Feldlinien. Man spricht von einem Wirbelfeld.

Noch einmal zum Vergleich:

 

 

Elektrisches Feld

Quelle: wikipedia

 

Magnetisches Feld

Quelle: wikipedia

 

Formel für die Feldstärke

 

Es werden verschiedene Zusammenhänge untersucht, und zwar die

Abhängigkeit zwischen B und

1.) der Stromstärke

2.) der Anzahl der Windungen

3.) Länge der Spule

4.) Querschnittsfläche

 

Für mich war es am einfachsten die drei ersten Abhängigkeiten an-

hand vieler Einzelspulen zu untersuchen, die von praktisch allen

Lehrmittelfirmen zur Verfügung gestellt werden. Ich konnte aus folgen-

dem Angebot der Firma Phywe auswählen:

 

Meine Entscheidung fiel auf:

− eine Spule mit n = 1200 Windungen

− zwei Spulen mit n = 600 Windungen

− vier Spulen mit n = 300 Windungen

− eine Spule mit n = 900 Windungen

 

Man muss nur die entsprechende Auswahl treffen, um alle drei Ab-

hängigkeiten zu untersuchen.

 

Versuchsablauf und Auswertung

1.) Abhängigkeit von I:  I verändern, B messen;

l = 6,8 cm und n = 1200 Windungen bleiben konstant

Gemessen wurde mit einer Hallsonde. Der Versuchsaufbau hatte

folgendes Aussehen.

 

 

Messwerte:

 

I [A]

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

B [mT]

2

3,5

5,5

7,5

9,5

11,5

13,2

15,1

17,5

19,5

 

Auswertung:

Ergebnis: Man erhält eine Ursprungsgerade, also B proportional zu I

 

2.) Abhängigkeit von n: n verändern, B messen

l = 6,8 cm und I = 1 A konstant

alle Spulen haben die Länge 6,8 cm, man wählt jetzt einfach vier

Spulen mit unterschiedlicher Windungszahl und misst B bei jeweils

einer Stromstärke von 1 A

 

Messwerte:

 

n

1200

900

600

300

B in mT

19,5

14,1

9,5

5,2

 

Auswertung:

Es liegt eine Ursprungsgerade vor, also ist B proportional zu n.

 

3.) Abhängigkeit von l: l verändern, B messen

n = 1200 und I = 1 A konstant

Wir müssen uns hier etwas einfallen lassen, da es keine Einzelspulen

mit unterschiedlicher Länge gibt. Alle haben eine Länge von 6,8 cm.

Man schaltet jetzt verschiedene Spulen hintereinander, so dass jeweils

eine Windungszahl von 1200 vorliegt:

eine Spule mit n=1200 → l = 6,8 cm

zwei Spulen mit n=600 → l = 13,6 cm

vier Spulen mit n=300    l = 27,2 cm

Die Messungen müssen exakt innerhalb einer der Spulen stattfinden.

 

Messwerte:

 

l in m

0,068

0,136

0,272

B in mT

19,5

9,5

5,0

1/l in 1/m

14,71

7,35

3,68

 

Auswertung:

 

 

Keine Ursprungsgerade, sondern eher Hyperbel → Neuer Auftrag

 

 

Ursprungsgerade liegt vor, also ist B proportional zu 1/l

 

4.) Abhängigkeit von der Querschnittsfläche:

 

Diese Abhängigkeit ist leider nicht mit dem obigen Sortiment an

Spulen zu untersuchen.

Auf dem Videoportal „physik mit c“ wird hier allerdings eine Messung

an zwei Zylinderspulen durchgeführt. Das folgende Video zeigt den

Versuchsablauf:

Quelle: Ausschnitt aus Liste Nr. 8

 

Es besteht keine Abhängigkeit von der Querschnittsfläche bzw. vom

Radius der Spulen.

 

Auswertung (Gleichungen, Formeln):

 

Es ergeben sich folgende Zusammenhänge:

 

 

Es gilt also zusammenfassend:

 

 

Magnetfeldstärke einer Spule

 

Für die Magnetfeldstärke B im Inneren

einer langen Spule gilt die Formel

 

Hinweis: Diese Formel gilt tatsächlich nur im Inneren einer langen

Spule. Theoretische Berechnungen mit dem Biot-Savartschen-Gesetz

zeigen, dass am Rand oder bei kurzen Spulen auch der Radius und

der Abstand vom Mittelpunkt berücksichtigt werden müssen (s. ein-

schlägige Literatur z.B. Tipler)

 

Wird die Spule noch in ihrem Inneren mit einem magnetisierbarem

Material, meist Weicheisen, versehen, steigert sich die Feldstärke um

ein Vielfaches. Dieses Vielfache wird durch eine Materialkonstante

µr = relative Permeabilität berücksichtigt. Die Formel lautet dann:

 

 

Zu den möglichen Werten für µr ein Ausschnitt aus einer Tabelle von

wikipedia:

Quelle: wikipedia

 

zur Videoliste: Magnetfelder

 

zum Abschnitt:

 

zum vorherigen Kapitel: